Gastvortrag
Das FG Architektur- und Wohnsoziologie lädt auch in diesem Jahr zur Weihnachts-Wohn-Vorlesung an die Universität Stuttgart: Studierende und deren Angehörige, sowie alle Wohn-Interessierte sind herzlich eingeladen.
Der Architekt Prof. Andreas Lichtblau von der TU Graz wird ausführlich über die Schwerpunkte seiner Forschungspraxis zum „wohn- raum“ und den damit verbundenen Wohn- und Lebensverhältnissen sprechen.
Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit dem Thema Wohnen, welches an Hand wesentlicher Gerätschaften und funktionaler Elemente, wie herd, tisch, bett, bad, wc (truhe) erläutert und in einen kulturellen, sowie historischen Kontext zur Wohnpraxis gestellt wird. Die damit verbundenen (Wohn-) Räume werden an aktuellen Bauwerken diskutiert und in Zusammenhang mit den einhergehenden gesellschaftlichen und gesetzlichen Normen gesetzt. Im Rahmen dieser Betrachtung wird die Frage nach Voraussetzungen und Formen eines gemeinschaftsinn dienlichen Wohnens diskutiert und dargelegt, wie sich Räume mit sozial hinterlegten Ideen verbinden lassen.
Wir freuen uns auf viel Gesprächsstoff zwischen den Generationen! Live und im Stream!
Zum Referenten:
Prof. Dipl.-Ing. Andreas lichtblau studierte Architektur an der TU WIEN und an der TU GRAZ. Seit 2011 ist er Vorstand des Institutes für Wohnbau der TU GRAZ. Im Zentrum seiner Arbeit mit den Studierenden stehen soziale und ökologische Fragestellungen unter besonderer Berücksichtigung von Gruppierungen in prekären Wohn- beziehungsweise Lebensverhältnissen. Einen weiteren thematischen Schwerpunkt bildet die Auseinandersetzung mit Abwanderung und Zersiedelung sowie der daraus resultierenden Leerstandsproblematik in ländlichen Gemeinden. Seit 1994 führt er gemeinsam mit Susanna Wagner das Büro lichtblau.wagner architekten generalplaner in Wien.
Prof. Andreas Lichtblau zum Thema:
„wohn- raum“, ist im engen und erweiterten sinn auch zwischenraum, etwa zwischen privat und öffentlich […]
das rückt einen aspekt in den mittelpunkt […]: eine räumlich durchformulierte struktur und idee von gemeinschaftssinn. das heisst für uns architekt*innen übersetzt: sozial hinterlegte ideen für raumbildungen, ideen für schnitte und grundrisse neu zu entwickeln. und mit grundriss meine ich hier primär einen soziologischen grundriss, ein bild einer gesellschaft, bestimmte formen von gemeinschaft, die vielleicht anders sein werden, anders sein sollten als wir sie gegenwärtig kennen […].
wie sind diese grundrisse nun entstanden, über die jahrhunderte und durch verschiedene kulturen betrachtet? ich erkläre in meiner vorlesung die entwicklung von grundrissen aus der präsenz von mobilen gerätschaften, die viele heterogene funktionen in zeitlicher abfolge in einem offenen, disponiblen raum ermöglichten. das ist ein altes bild, in heutiger terminologie würden wir von flexiblen grundrissen, oder lofts sprechen. als zunächst mobile gerätschaften oder flexible werkzeuge für verschiedene funktionen dienen herd, tisch, bett, truhe, die sich später einserseits zum sessel, andererseits zum kasten (bzw. zur hölzernen wandverkleidung) entwickelt. erst viel später kommen dann bad und wc als bestandteil der funktionen eines privaten haushaltes dazu […].
Lichtblau, Andreas 2022: basic living: grundlagen_diskussion_wettbewerb. (Schriftenreihe des Institutes für Wohnbau der TU Graz). Graz: Verlag der Technischen Universität Graz. S. 18-28, im ersch.