Die urbane Nacht

(Arbeitstitel): Die urbane Nacht im Wandel: Soziologische Perspektiven auf soziale Dynamik, Machtverhältnisse sowie Aneignung im öffentlichen Stadtraum.

Der Forschungsgegenstand des öffentlichen Raums im Zusammenhang mit Urbanität und Nacht ist komplex und in der Sozialwissenschaft, aber auch interdisziplinär von großem Interesse. Mit dem Aufkommen der Dämmerung setzt regelmäßig eine Choreografie der Veränderung ein, die vermeintlich sichtbare und bekannte Muster sozialer Lebenswelten aufbricht. Dieses aktive und in Teilen bekannte soziale Aneignen der Nacht ist ein Ergebnis der mit der Industrialisierung einhergehenden Technisierung sowie der Entwicklung eines urbanen Lebensstils und der damit verknüpften Individualisierung.

Soziale Interaktionen in der Nacht beschränken sich dabei nicht ausschließlich auf private oder zugangskontrollierte Räume wie Clubs und Bars. Auch der öffentliche Raum ist in der Nacht zu einem relevanten Schauplatz geworden, denn kommunale und private Veranstaltungen, kulturelle Festivals und kreative Kunstprojekte prägen diverse Orte in der städtischen Nacht und machen sie zu einem dynamischen und vielfältigen Raum für soziale Interaktionen und kulturelle Erlebnisse. Mit der stetig fortschreitenden Transformation der Nacht gehen jedoch auch Ungleichheiten in Bezug auf den Zugang, die (Un-)Sichtbarkeit und die Regulierung des nächtlichen öffentlichen Raums in der Stadt einher.

Verschiedene Interessen konkurrieren somit um die Nutzung und Kontrolle des öffentlichen Raums und seinen „Öffentlichkeitscharakter“. Solche Spannungen entstehen, wenn bestimmte Gruppen ihre Aktivitäten und Veranstaltungen ausdehnen und dabei andere Interessen marginalisieren oder aufgrund fehlender Ressourcen verdrängen (können). Der öffentliche Raum in der städtischen Nacht bietet somit eine besondere soziokulturelle Raumzeit, die durch spezifische Normen, Praktiken und Machtverhältnisse geprägt ist.

In meinem Forschungsvorgehen dekonstruiere ich gezielt die alltäglichen und weit verbreiteten Vorstellungen von nächtlichen und öffentlichen Räumen, um ein tieferes Verständnis der allnächtlichen Prozesse sowie der im öffentlichen Raum existierenden Normen, Praktiken, wirtschaftlichen Strukturen und Machtverhältnisse zu gewinnen – wobei ich herausarbeiten möchte, inwiefern diese in nächtlichen Umgebungen reproduziert oder angefochten werden.

Fragen nach den sozialen sowie zeitlichen Dimensionen im Zusammenhang mit Öffentlichkeit werden aus einer lebensweltlich orientierten Perspektive empirisch untersucht. Durch ethnografische Methoden erfasse ich, wie Menschen die urbane Nacht und den öffentlichen Raum definieren, aneignen und darin interagieren. Die beiden zentralen Konzepte – der öffentliche Raum und die Nacht – werden dabei als soziale Konstruktionen verstanden, die relativ zueinander angeordnet sind und deren subjektive Vorstellungen und soziale Aushandlungsprozesse im Rahmen meiner Dissertation fokussiert werden.

Mit meiner Dissertation trage ich zur soziologischen Forschung über soziale Dynamiken, Machtverhältnisse und Aneignungsprozesse im urbanen Raum bei. Dabei rücke ich gezielt die Perspektive der Nacht in den Fokus und beleuchte die oft vernachlässigten sozialen Prozesse und vielseitigen Lebensrealitäten nach Einbruch der Dunkelheit.

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