Atelier Max Liebermann, Berlin
BdW V Das Atelier & Künstlerhaus
bearbeitet von: Michelle Ionescu, Ludwig Jahn
Das Palais Liebermann war und ist, in rekonstruierter Form, Teil des berühmten Ensembles, das das Brandenburger Tor in Berlin umrahmt. Es steht in äußerst Prestigeträchtiger Lage am Pariser Platz 7, direkt neben dem Weltberühmten Tor. Eine Seite ist zum Platz und zur Straße unter den Linden gerichtet, die andere blickt über den Berliner Tiergarten. Vom Balkon auf der Tiergartenseite sah man bis zum Reichstag. Das Haus ist in die den Pariser Platz umrahmende Historistische Bebauung eingefügt. Neben dem Brandenburger Tor und der als Risalit ausgebildeten Ecke des Platzes wirkte es eher schüchtern. Zusammen mit seinem ebenfalls niedrigen Schwester-Palais auf der anderen Seite des Tores diente es als Visuelle Rahmung für das Tor. Die beiden bewusst etwas niedrigeren Gebäude lassen das Tor umso mächtiger Wirken. Löst man es aus seinem Kontrast zur Prunkbebauung am Pariser Platz heraus ist es ein mächtiges und sehr repräsentatives Gebäude. Es maß 33 mal 18 Meter und besaß einen privaten Garten auf der Tiergarten-Seite. Hier wohnten auf jedem der knapp 600 Quadratmeter großen Geschosse jeweils nur knapp eine Handvoll Menschen, Dienstboten inbegriffen.
Das ursprünglich zweigeschossige Palais am Pariser Platz 7 wird 1846 nach einem Entwurf von August Stüler um ein Geschoss aufgestockt und umgestaltet. Es schließt nördlich direkt an das Brandenburger Tor an und hat ein gespiegeltes Pendant auf dessen Südseite. 1857 erwirbt Louis Liebermann, der Vater des Künstlers Max Liebermann, das Haus. Max Liebermann verbringt hier einen Großteil seines Lebens. Nach dem Tod seines Vaters 1891 erbt er das Haus und lässt es in den kommenden Jahren durch Hans Grisebach umbauen. Zunächst bauen Reimarus und Hetzel 1894 im ersten Obergeschoss neben der Küche eine Speisekammer und ein Bad ein. 1895 beantragt der Architekt Hans Grisebach an der Westfassade den Durchbruch einer Fensterbrüstung zu einer Tür und die Errichtung einer zwei Meter tiefen Veranda mit Abgang in den Vorgarten. In der Mittelachse des Hauses gibt es bereits einen ebenso tiefen Vorbau. Ein Jahr später stellt Hans Grisebach dann einen Antrag zum Einbau eines Ateliers im Mezzaningeschoss mit einem verglasten Dachaufbau im südwestlichen Bereich. Da auf diesen Plänen die vorher beantragte Veranda nicht eingezeichnet ist, wird sie wohl nicht ausgeführt worden sein. Der Bauantrag für das Atelier wird mehrfach abgelehnt; sogar Kaiser Wilhelm II. sah die Entwurfszeichnung persönlich ein und versah sie mit der Randbemerkung „scheußlich“. An einem historisch derart bedeutenden Ort, wie dem vornehmen Pariser Platz, könne der projektierte Aufbau als Verunstaltung empfunden werden, obwohl er vom Platz aus gar nicht und vom Tiergarten aus kaum sichtbar gewesen wäre. Es kommt zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, die für Max Liebermann erst 1898 erfolgreich enden. 1899 legt Grisebach dann Zeichnungen für den Atelier-Aufbau und eine verglaste Veranda auf der Tiergarten-Seite vor. 1900 ist der Atelierumbau fertig. Max Liebermann lebt und arbeitet in seinem Haus am Pariser Platz bis 1935, dem Jahr seines Todes. 1943, in dem Jahr des Selbstmordes seiner Witwe Martha, wird das Haus durch Bomben zerstört. Die Ruine wurde in der Nachkriegszeit, während der Errichtung der Berliner Mauer, vollständig abgerissen. 1999 wird es - wiederum zusammen mit dem gespiegelten Pendant auf der anderen Seite des Tores - von dem Architekten Josef Paul Kleihues als sogenannte kritische Rekonstruktion wiederaufgebaut und beherbergt heute eine Stiftung mit Museum.