Schau...Raum

Unbequeme Denkmäler - Colonia Piaggio, 
Santo Stefano d‘Aveto

bearbeitet von: Casiana Balas, Tim Feinauer

Der Umgang mit der Geschichte ist nicht einfach. Und doch ist dies die einzige Weise, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und zukunftsorientiert eine neue Welt zu gestalten. Für das Umgehen mit den unbequemen Denkmälern braucht es neue Ansätze und Ideen. Unsere Gesellschaft steht vor der großen Frage, wie wir mit dem baukulturellen Erbe aus der Zeit des Faschismus umgehen. Diverse Bauten prägen zahlreiche Städte und Regionen überall in Europa. Oft lassen sie sich anhand ihres Baustils identifizieren. Mit Blick nach Italien kommt diese Methodik jedoch an ihre Grenzen, denn dort prägt die Moderne den Faschismus.

Die Colonia Piaggio ist eine 1936-1938 von Luigi Carlo Daneri erbaute Ferienkolonie im Bergdorf Santo Stefano d´Aveto in den nördlichen Apenninen Liguriens. Ursprünglich geplant als Ort der faschistischen Kindererziehung, diente sie über Jahrzehnte als Ferienlager bis sie letztendlich leer stand. Eine zu Beginn des Jahrtausends begonnene Umbauphase versetzte sie in einen schlechten baulichen Zustand, wobei die Witterung über die vergangenen Jahrzehnte zunehmlich den Verfall förderten. „Schau...Raum“ ist ein Vorschlag, dem Gebäude neues Leben einzuhauchen. Italien ist eines der Länder in Europa, die besonders stark von strukturschwachen und ländlich-peripheren Regionen betroffen ist.

Der erste Eindruck des Gebäudes zeichnete sich durch seine filigran gegliederte Fassade und die Krümmung des Baukörpers aus. Die ursprüngliche Kubatur war leider nur noch in Teilen ablesbar. Auch im Innenbereich verunklärten die Umbauten der jüngeren Zeit den Eindruck vollständig.

Der hier vorgeschlagene Eingriff sieht folgende Umbauphase vor: Die Ein- und Umbauten der ersten Phase werden allumfänglich zurückgebaut zum ursprünglichen Bau von Daneri. Äußere Ergänzungen finden lediglich in Form von filigranen Erschließungssituationen statt, um die elegante Kubatur zu gliedern, ohne den Gesamteindruck zu trüben. Die innere Struktur des Kulturzentrums folgt der neuen Haupterschließung. Das Gebäude betritt man nun in der Flucht der Zufahrt unter dem von Stützten gesäumten Flügel in den großen zentralen Hauptraum. Allgemein befinden sich die öffentlichen und der Nutzung dienenden Räume im Erdgeschoss, wohingegen sich die Wohnungen und gemeinschaftlichen Flächen in den Obergeschossen befinden. Das Nebengebäude enthält in den Obergeschossen die Verwaltung als auch Seminarräume. Im Untergeschoss befindet sich die Schaukäserei, ein Ort der Wissensvermittlung an die Besucher und Besucherinnen des Kulturzentrums. Im größten und zugleich zentralsten Raum des Gebäudes ist die Rezeption und der Aufenthaltsbereich untergebracht. Im östlichen Saal befindet sich eine Cafeteria. Die anderen Räume sind Teil des Lehrrundgangs des Kulturzentrums mit dem Fokus auf die traditionelle Käseherstellung in den nördlichen Apenninen. Dabei gibt es Themenfelder wie Landschaftspflege, Kräuterkunde, Kultur und Brauchtum sowie der Kulinarik zu entdecken. Im neuen Untergeschoss des Nebengebäudes ist die Schaukäserei zu finden. Dieser Neubau ist mehr als konzeptionelle Geste zu verstehen, als ein realistischer Ansatz an dieser Stelle. Ein direkt angeschlossener Schauraum ermöglicht außenstehenden Personen einen Einblick in die Käseherstellung. Durch den Rundgang findet eine Belebung des Hinterhofes statt. Die Räume des Workshops lassen sich zu ihm öffnen. Gleichzeitig findet hier die Ab- und Anlieferung der Käserei statt, als auch der Zugang für Besucher und Besucherinnen.

 

 

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